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10‘24

10‘24 DAS MAGAZIN FÜR DIE REGION Expertengespräch: Es besteht ein generelles Konsumverbot in Gegenwart von Minderjährigen und somit ist das Kiffen auf allen „Volksfesten“ und weiteren öffentlichen Veranstaltungen, die auch von Kindern und Jugendlichen besucht werden, nicht erlaubt. Der öffentliche Konsum ist in Sichtweite von (1) Schulen (2) Kinderspielplätzen, (3) Kinder- und Jugend- CANNABIS- LEGALISIERUNG – und was sie für uns alle bedeutet. 10.000 Fällen in Rheinland-Pfalz eine „Mammutaufgabe“ und laufende Verfahren können nicht (zügig) bearbeitet werden. Der rheinland-pfälzische Justizminister Mertin kritisierte die Bundesregierung, denn durch die geringe Zeitspanne zwischen dem Beschluss des Gesetzes und dem Inkrafttreten blieben den Bediensteten nur wenige Arbeitstage zur Prüfung. Laut Erklärung eines Pressesprechers des rheinland-pfälzischen Justizministeriums könne zurzeit nicht abgeschätzt werden, wie viele wegen Verstoßes gegen das „alte“ BtmG (Betäubungsmittelgesetz) in den Justizvollzugsanstalten inhaftierte Menschen durch eine Amnestie mit Inkrafttreten des Gesetzes aus dem Gefängnis entlassen werden müssten. Was ist wirklich erlaubt, und was nicht? Seit dem 1. April 2024 ist der Umgang mit der bis dato illegalen „Volksdroge“ unter den im „Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG)“ genannten Voraussetzungen erlaubt. Die wichtigsten Fakten aus dem umfangreichen Gesetz: Experte: Jörg Schmitt-Kilian (ehem. Drogenfahnder) hat zahlreiche Krimis, Jugendromane, Reisebegleiter und Themenhefte (Gesamtauflage über eine halbe Million Exemplare) veröffentlicht, u.a. einen SPIEGEL- Bestseller, verfilmt mit Uwe Ochsenknecht. Im Oktober erscheint sein Themenheft DROGEN UND KRIMINALI- TÄT im Verlag deutsche Polizeiliteratur. Was bedeutet die neue Gesetzgebung für den Umgang mit früheren Straftaten im Zusammenhang mit Cannabisbesitz? Die Justiz muss nun alle Fälle, die nach dem neuen Gesetz aufgrund des „rückwirkend“ beschlossenen Straferlasses nicht mehr strafbar sind, zeitnah prüfen. Dies bedeutet für die ohnehin überlastete Justizverwaltung bei geschätzten ab Vollendung des 18. Lebensjahres ist der Besitz von Cannabis von 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum und am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort sogar der Besitz von Cannabis bis zu 50 Gramm und der Anbau von drei Cannabispflanzen nicht mehr verboten. Cannabis aus dem privaten Eigenanbau darf jedoch nicht an Dritte weitergegeben werden und Schutzmaßnahmen im privaten Raum sollen den Zugriff durch Dritte, insbesondere Kinder und Jugendliche verhindern. Foto: Dieter Göttsche 40

Gesundheit DAS MAGAZIN FÜR DIE REGION 10‘24 einrichtungen, (4) in öffentlich zugänglichen Sportstätten, (5) in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr und (6) in Sichtweise militärischer Bereiche der Bundeswehr verboten. Als Sichtweite der in (1) bis (4) und (6) genannten Einrichtungen wurde mehr als 100 Meter vom Eingangsbereich festgelegt. Im Gesetz werden konkrete Voraussetzungen für die Erlaubnis als Anbauvereinigung („Cannabis Social Clubs“) mit höchstens 500 Mitgliedern beschrieben. Jedes 21jährige Mitglied darf höchstens 25 g Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat erhalten, Heranwachsende höchstens 25 Gramm pro Tag und höchstens 30 Gramm Cannabis pro Monat. Die Cannabisabgabe an Heranwachsende darf einen THC-Gehalt von 10 Prozent nicht überschreiten und die Anbauvereinigung hat insbesondere auf mögliche neurologische und gesundheitliche Schäden beim Konsum im Alter von unter 25 Jahren hinzuweisen. Wie ist die Teilnahme am Straßenverkehr nach Cannabiskonsum geregelt? Im CanG selbst wurden keine THC-Grenzwerte im Straßenverkehr explizit genannt, aber im Straßenverkehrsgesetz wurde ein THC-Grenzwert von 3,5 Nanogramm pro Milliliter Blutserum verankert, dies entspricht einem vergleichbaren Blutalkoholwert von 0,2 Promille. Das Autofahren nach Mischkonsum von Cannabis und Alkohol ist verboten. Welche Erkenntnisse liefert der Bundeslagebericht Rauschgift des Bundeskriminalamtes bezüglich des Cannabiskonsums vor dem Inkrafttreten des Gesetzes? Die Anzahl der Cannabis-Handelsdelikte ist 2023 um 6,7 % gestiegen. Dies entspricht einem Anteil von 60,5 % an allen Rauschgift-Handelsdelikten. Von den insgesamt 29.759 Tatverdächtigen (Steigerung von 3,0 %). waren 57,8 % deutsche Staatsangehörige. Unter den nichtdeutschen Tatverdächtigen wurden in den meisten Fällen polnische (1.106), türkische (910) und syrische (809) Staatsangehörige registriert. 2023 wurden insgesamt ca. 20,9 t Marihuana und 3,7 t Haschisch sichergestellt. Marihuana stammt in der Regel überwiegend aus westeuropäischem Indoor-Anbau. Insbesondere der professionelle Cannabisanbau durch OK-Gruppierungen in Spanien hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen und erneut wurden zahlreiche Cannabis-Großtransporte von Spanien über Frankreich Richtung Deutschland per Lkw und Kleintransporter festgestellt. Darüber hinaus gelangte Marihuana per Postversand – insbesondere aus Spanien und Albanien - und verstärkt per Container und Postversand aus Nordamerika auf den deutschen Markt. Bei dem in Deutschland sichergestellten Marihuana handelte es sich in erster Linie um Blütenmaterial, dessen Wirkstoffgehalt in den letzten zehn Jahren geringfügig angestiegen ist (2013: 12,3 % median* 25; 2023: 14,4 % median). Der Großteil des in Deutschland sichergestellten Haschischs kommt weiterhin aus Marokko und wurde über Spanien und Frankreich direkt oder über die Niederlande nach Deutschland verbracht. Anders als bei Marihuana hat sich der Wirkstoffgehalt des in Deutschland sichergestellten Haschischs in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt (2013: 9,4 %; 2023: 26,6 % median). 2023 wurden insgesamt 450 Cannabis-Plantagen mit Anbaukapazitäten ab 20 Pflanzen sichergestellt, darunter 267 Kleinplantagen (213 Indoor, 54 Outdoor), 146 Großplantagen (133 Indoor, 13 Outdoor) und 37 Profiplantagen (36 Indoor, 1 Outdoor). Neben diesen Plantagen wurde eine Vielzahl kleinerer Anpflanzungen von Cannabis aufgefunden. Der Anbau von Cannabis-Pflanzen war in Deutschland bereits vor Inkrafttreten des CanG ein weit verbreitetes Phänomen. Welche Herausforderungen gibt es bei der Durchsetzung des neuen Gesetzes und warum wurden die Warnungen von Fachleuten ignoriert? Die Cannabisfreigabe führt meines Erachtens nicht zur Entlastung von Polizei und anderen Ordnungsbehörden. Der Cannabisanbau sowie Verkauf und Abgabe müssen kontrolliert werden und vor Ort kann kaum festgestellt werden, ob die Substanz legal oder illegal erworben wurde und wie soll die Polizei nun die Einhaltung der Regeln der 100m Sichtweite kontrollieren? 41

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